13. February 2016

von Alexandra Lux

Noten sind nicht einfach nur Ziffern

Noten entscheiden über Glück oder Unglück!

 

Ein häufiger Anlass ein LernCoaching in Anspruch zu nehmen, sind schlechte Noten. Sie versetzen Eltern in Alarmbereitschaft und lassen Kinder an sich zweifeln. Wenn ich mich so umhöre, vernehme ich überall kritische Stimmen zum Thema Noten. Es wird einerseits über den Leistungsdruck gesprochen, das ständige Vergleichen untereinander und die einseitige Leistungsbewertung der Kinder. Andererseits behalten die Noten einen hohen Stellenwert, da sie über das Weiterkommen und die gesamte Zukunft des Kindes entscheiden.
In unzähligen Studien wird die Aussagekraft von Noten widerlegt, doch die Schule tut sich schwer Ersatz zu finden. Auch in der Gesellschaft wird dieses Ziffern-Bewertungssystem trotz aller Bedenken verteidigt. Sogar Eltern, die ihre Kinder leiden sehen, können sich nur schwer vorstellen auf die Notengebung zu verzichten.

 

Was sagen Noten überhaupt aus?

Auch mehrere Bücher beschäftigen sich inzwischen mit der Notengebung. Noten sind nicht objektiv und sie zeigen auf keinen Fall, was das Kind tatsächlich kann oder ausmacht. Sie zeigen aus einer winzigen Momentaufnahme, wie es dem Kind möglich war, sein Wissen gerade zu diesem Zeitpunkt zu den Fragestellungen wieder zu geben. Der Stoff wurde mehr oder weniger intensiv im Unterricht vermittelt – meist nicht nachhaltig erarbeitet, sondern häppchenweise vorgegeben. Zu Hause wiederholen die Kinder den Stoff entweder stur nach erlerntem Ablauf oder auf ihre Weise, ohne zu wissen, nach welchem Lerntyp es für sie am effektivsten ist zu lernen. In den Proben dann müssen die Fragen vom Lehrer so gestellt werden, dass sie nicht von jedem Kind beantwortet werden können. So manche Eltern berichten, dass sie die Fragen selbst nicht verstanden haben und die Lösung der Aufgabe eigentlich nichts mit dem Fach an sich zu tun hat, sondern mit der Fähigkeit, die Frage zu entschlüsseln. Können Eltern sich zu Hause die Zeit nehmen und mit ihren Kindern über den in der Schule bearbeiteten Stoff hinaus zu lernen, stehen die Chancen für gute Noten sehr hoch. Ist dies den Eltern nicht möglich, werden die Kinder mittlere oder schlechte Noten erhalten. Diese Tatsache wird Deutschland und vor allem Bayern seit Beginn der Pisa-Studien als mangelnde Chancengleichheit vorgeworfen.

 

Noten werden oft auf die Persönlichkeit bezogen...

Die Note zeigt also, wie das einzelne Kind im Vergleich zu seinen Klassenkameraden im Moment der Abfrage sein Wissen zeigen konnte. Und was passiert im Kind, wenn es eine schlechte Note bekommt, obwohl es zu Hause vielleicht auch gelernt hat? Es fühlt sich als Versager. Und das nicht nur in diesem Fach, in dem es sein Wissen nicht so gut wiedergeben konnte, wie seine Klassenkameraden, sondern es bezieht dieses Versagen auf seine gesamte Person. Ich höre dann im Coaching Sätze wie: „Ich bin halt doof!“ oder „Ich kann mir das einfach nicht merken!“, „Ich kann das nie!“ Als genüge es nicht, eine schlechte Note in Rot zu bekommen begleiten die Übergabe des Lehrers Kommentare wie: „Du musst mehr üben!“, „Konzentrier dich besser!“ und ähnlich Motivierende. Solche Sätze sind wie ein Schlag ins Gesicht. Hat der Lehrer erlebt, ob das Kind viel oder wenig geübt hat? Konnte der Lehrer sehen, ob sich das Kind konzentriert hat oder nicht? An was hat er es erkannt? Nun wäre es wichtig, sich mit den Fehlern auseinander zu setzen, um aus ihnen zu lernen und sie in Zukunft zu vermeiden. Vielleicht waren es Flüchtigkeitsfehler, weil das Kind, aus Angst, die Zeit reicht nicht, die Frage nicht gründlich gelesen hat, oder es hat die Frage tatsächlich nicht richtig verstanden.

 

Wissen dann abgeben, wenn es wirklich vorhanden ist!

In einigen Schulen ist es bereits möglich, dass Kinder selbst bestimmen können, wann sie ihr Wissen darlegen wollen. Sie entscheiden, wann sie genügend geübt haben um zu zeigen, was sie können. Hierzu muss es auch nicht unbedingt Ziffernnoten geben. Eine Selbsteinschätzung des Kindes und ein ehrliches Feedback des Lehrers geben ein wertschätzendes Bild über das Wissen des Kindes und es bekommt Anregungen, in welchen Bereichen und womit es sich ggf. noch intensiver beschäftigen kann. Bei dieser Art der Leistungsbeurteilung wird das Kind als gesamte Persönlichkeit gesehen und geschätzt. Auf den ersten Blick scheint es eine sehr zeitintensive Methode zu sein, doch die eingesetzte Zeit mit dem Kind im Gespräch zahlt sich in jedem Fall aus. Sicher ist es auch von Vorteil, den Unterrichtsstil für eine solche Methode zu ändern. Jeder Mensch möchte in seinen Fähigkeiten gesehen werden. Eine Ziffernnote kann die Komplexität der Persönlichkeit nicht erfassen. Sehr wohl aber eine ehrlich gemeinte verbale Rückmeldung die das geleistete wertschätzt, die Lücken hinterfragt und Möglichkeiten aufzeigt, wie individuell und typgerecht daran weitergearbeitet werden kann. Sieht sich das Kind so gesehen, ist es motiviert seine „Defizite“ anzuerkennen und an ihnen zu arbeiten.

 

Einheitsbehandlung passt eben nicht für alle!

Das ist individuelle Förderung, die so oft zitiert und eingefordert wird. Ehrliche individuelle Förderung setzt an den Stärken des Kindes an und verpflichtet es nicht, sich immer mehr mit den Dingen zu beschäftigen, die ihm schwer fallen, es wird nicht separiert um mehr vom Selben zu tun, sondern darf sich Unterstützung holen und mit den anderen an seinen Themen weiterarbeiten. Mit dieser Sichtweise wird auch Inklusion funktionieren. Denn so muss niemand im Gleichschritt mit allen mit marschieren, sondern jeder lernt so, wie es ihm möglich ist. Eine wertschätzende Feedback-Kultur ermöglicht ein Übersichhinauswachsen, mit Kritik konstruktiv umzugehen und selbst Feedback zu geben. Denn diese Kultur schließt ein Feedback der Schüler untereinander und an die Lehrer ein.

Ich erlebe, dass genau diese Kultur schon immer mehr gelebt wird. Durch und durch oder in Ansätzen. Kinder und Eltern fordern sie ein und mutige Pädagogen begeben sich auf diesen neuen Weg. Alle Kritiker lade ich herzlich ein, sich mutig ein Bild zu machen, wie das denn funktionieren kann, einmal zu erleben, wie es sich anfühlt in dieser Welt um dann gerne darüber zu sprechen, wie es umsetzbar ist. Lesen, hören oder erleben Sie mehr davon und treten Sie mit mir in Kontakt

 

Heidemarie Brosche, erfahrene Lehrerin und vielfache Autorin hat dazu das Buch "Warum es gar nicht so schlimm ist, in der Schule schlecht zu sein" geschrieben. Über obenstehenden Artikel haben wir uns persönlich kennen gelernt. Daher kann ich alle ihre Bücher von Herzen empfehlen.

 

 

 

 

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